René Schweizer...

baslerstab-Kolumne 21
03.08.2001

Sir Charles Fislers taktischer Wahnsinn

Am Ufer der Saône, acht Uhr morgens, der Tee dampft. Gestern Abend beim Diner habe ich gehört, es gebe Richter in unserer Stadt, welche üble Sexualtäter mit bedingten Strafen davon kommen lassen, Kinderpsychiater, die ihre Macht missbrauchen, Vormunde mit langen Fingern, einen Staatsanwalt mit hauseigener Domina. Es reizt mich, solche Knörks mit der Waffe des taktischen Wahnsinns abzuschiessen. Per Einschreibebrief: «Ich habe gehört, Sie seien ein Gauner. Ist das wahr?»
Wenn eine Antwort kommt, ist gut, falls nicht, folgt eine Medienmitteilung: «Ich habe Herrn X den beiliegenden Brief geschickt und bin bis heute ohne Antwort. Kopie an Sepp Trütsch, Tarzan und Globi.» Die Falle des Nonsens ist unentrinnbar. Sie schnappt erbarmungslos zu, und die Täter sind weg vom Fenster.
Angesichts der fünfzehn Milliarden Jahre, die seit dem Urknall vergangen sind, erscheinen solche Aktionen als unerheblich. Das Einzelne ist bedeutungslos. Was zählt, ist die Frage nach dem Gesamten, der Totalität der Dinge und Erscheinungen. Und diese wurde von Sir Charles Fisler, dem verkanntesten Genie der Gegenwart, auf einmalige Weise formuliert: «Was isch wo, wenn nüt niene-n-isch?»
Nachdem ich dreissig lange Jahre nach der Antwort gesucht habe, ist mir heute die Gnade der Erkenntnis widerfahren: Das isch do, wenn alles überall isch. Oder in der dezenteren Version: Das isch do, wenn säll dörte-n-isch! Damit besitze ich jetzt den Schlüssel zu allem. Wie der Alchemist im Mittelalter kann ich jetzt Gold herstellen. Nichts ist mehr unmöglich. Das Spiel kann beginnen. Lasst uns die Knörks ausbremsen und den Laden übernehmen. Mit der Methode des taktischen Wahnsinns. Was isch wo, wenn nüt niene-n-isch?
René Schweizer, Lachforscher und Schauspieler.

Zurück zur Übersicht