Die Pressestimmen zum Patch Adams-Film:


    «Der Clown arbeitet schliesslich mit den Gefühlen der Menschen.
    Mit ihrer Seele.»




© DIE WELT, 3.3.1999

Was der Film bewirken kann: Lachen als Therapie in britischen Krankenhäusern.

Von Siegfried Helm

London - Mit Humor geht alles besser. Auf diese Alltagsweisheit kommen jetzt, reichlich spät seit Hippokrates, dem Begründer der Medizin als Erfahrungswissenschaft, endlich auch die Ärzte. Englands staatlicher Gesundheitsdienst ist vom Nutzen des Humors als alternative Therapie so angetan, daß er nicht weniger als 900 Millionen Mark aufwendet, um Patienten in den Krankenhäusern zum Lachen zu bringen. Nicht aus Spaß, sondern mit dem Hintergedanken, den Genesungsprozeß zu verkürzen, damit man die Patienten früher entlassen kann und mehr Geld spart, als investiert wird.

Zunächst war nicht geklärt, ob die professionellen Komiker, die nun für horrende Honorare aufgeboten werden, im weißen Kittel auf die Stationen geschickt werden. Gedacht ist nicht an Possenreißer, sondern an Meister ihres Fachs, Komiker vom Schlag eines Eddie Izzard und Jimmy Tarbuck, deren TV-Honorare das Einkommen der meisten Chefärzte übersteigen.

Initiator der Lachtherapie ist der in Amerika außerordentlich erfolgreiche Arzt Patch Adams vom Gesundheitsinstitut in Virginia. Er wurde eigens nach England eingeladen, um Chefärzten und Verwaltungsdirektoren großer Krankenhäuser des National Health Service die praktische Anwendung dieser Therapie zu erläutern.

 Wenn Adams ein Hospiz für Schwerkranke besucht, dann am liebsten als Engel verkleidet, samt Harfe. Er stellt sich den Patienten vor als "bevorstehende Attraktion". Über den "Nutzen" dieser Art von Galgenhumor mögen in der Alten Welt die Meinungen auseinandergehen. In den USA ist Lachtherapeut Adams eine so große Nummer, daß Hollywood ihn für den Film entdeckte. Der Streifen mit dem Titel "Patch Adams" mit Robin Williams ist bereits für einen Oscar nominiert.

 Englands Regierung verspricht sich vom Lachen eine nachprüfbare Wirkung auf den kranken Gesundheitsdienst. Sie teilte den Krankenhäusern die 900 Millionen Mark aus Überschüssen der Lotterie als Gelder zu, die als Subventionen für den Kulturetat getrichen wurden, was die Frage aufwirft, ob die Volksgesundheit bei solcher Kunstrationierung womöglich Schaden nimmt.

Könige vergangener Jahrhunderte hielten sich Hofnarren. Sie wussten offenbar, was ihrer Gesundheit zuträglich war. Mediziner erklären einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Lachen und Gesundheit so: Lachen verlangsamt den Puls und erhöht die Sauerstoffzufuhr zum Muskelgewebe. Dabei werden Endorphine freigesetzt, sogenannte Glückshormone, körpereigene Peptide mit opiatartiger Wirkung, die das Wohlbefinden stimulieren und Streß abbauen. Lachen soll auch das Immunsystem stärken.





21. März 1999

Der Film «Patch Adams» ist in Schweizer Spitälern Realität: Dr. Clown heilt mit Humor.

Von Karin Müller

Die Medizin hat eine neues «Wundermittel» gegen Krankheiten von Körper und Seele entdeckt: Lachen! Darum fordert der Psychologe Peter Hain: «Humor muss ein integrierter Bestandteil in psychosozialen und medizinischen Ausbildungen werden.»

Was sich der Drehbuchautor des Films «Patch Adams» ausgedacht hat, ist keine Fiktion:

In einzelnen Spitälern hat man die heilsame Wirkung des Lachens längst erkannt. Denn es ist wissenschaftlich erwiesen: Humor löst Hemmungen, reaktiviert verdrängte Affekte, ermöglicht einen spontaneren Austausch menschlicher Gefühle. Humor setzt aber auch kreatives Potential frei, aktiviert Entscheidungsprozesse, sensibilisiert für neuartige Zusammenhänge und verhilft zu mehr Flexibilität. Dazu der Psychologe und Psychotherapeut Peter Hain: «Humor erzeugt Distanz zum eigenen Problemverhalten - ein ganz wichtiger Effekt in der Psychotherapie». Humor sei inzwischen als lernbare Fähigkeit zu einem therapeutischen Ziel geworden.

In Kinderkliniken drehen seit Jahren die Clowndoktoren der Theodora-Stiftung ihre Runden. So zum Beispiel «Dr. Jo». Wenn er in der Kinderabteilung des Rhätischen Kantonsspitals in Chur durch die Gänge huscht, zaubert er Glück und Freude auf die Gesichter der kleinen Patienten. Die Mutter von Jasmin (7) bestätigt denn auch: «Wenn der Clowndoktor da war, ist sie immer total aufgestellt, bastelt ihm Geschenke.» Und tatsächlich: Dieses Mal erhält der Clowndoktor einen bunten Schlips samt Porträt. In einem anderen Zimmer sitzen die beiden Schwesterchen Lara (4) und Giada (2) auf der Bettkante und schauen gebannt auf jede Bewegung des «Dr. Jo». Als er seine «Geheimwaffe» - Seifenblasen - aus der übergrossen Hosentasche zieht - versucht Lara sofort, sie zu erhaschen. Plötzlich ruft Giada «Finito!». Applaus der kleinen Patientin und «Dr. Jo» watschelt in den Gang. «Hey», strahlt Christoph (11). Er hat sich vor zehn Tagen einen Oberschenkel gebrochen und geht an Krücken. «Wann kommst du zu mir?», fragt er ungedulig. «Dr. Jo» macht kleine Tanzschritte und säuselt: «Komme sofort. Bin gleich da.» Und bevor aus dem Clown wieder der Mensch Johannes Zürrer (40) wird, hinterlässt er rund 18 glückliche Kinderseelen.

«Dr. Jo» wechselte nach 17 Jahren von der Zirkusmanege ins Spital. Wichtig sei vor allem, die Stimmung des jeweiligen Kindes zu erfassen und sie auch zu respektieren. «Der Clown arbeitet schliesslich mit den Gefühlen der Menschen. Mit ihrer Seele.»

Doch mit Humor heilsam umzugehen ist nicht einfach. Peter Hain warnt: «Er kann verletzend und sarkastisch sein. Die Angst, ausgelacht zu werden oder sich zu blamieren, ist gross.» Das Problem liege bei der Annahme, Leiden oder Arbeit müsse immer mit Ernsthaftigkeitverbunden sein. Hain: «Leider findet Humor fast nur in der Freizeit Platz.» Einen Lösungsansatz gibt es bereits in den USA: Dort nimmt Humor als Qualifikationskriterium bei Managern einen wichtigen Platz ein.

Hain: «Ein Vorgesetzter sollte in der Lage sein, auch mal über sich und seineSchwächen schmunzeln zu können.»

Seit 1994 führt das Bildungszentrum des Schweizer Berufsverbands für Kranken- schwestern und Krankenpfleger (SBK) Workshops durch, die den humorvolleren Umgang mit Patienten im Klinikalltag fördern sollen. Im Kurs «Humor, die Entdeckung eines Pflegekonzepts» lernen die Teilnehmer die körperlichen und emotionalen Auswirkungen von Lachen und Humor kennen, diskutieren Humor bei chronischen Erkrankungen und Humor als Strategie der Gesundheitsförderung. Die Krankenschwester und Gesundheits-wissenschafterin Iren Bischofberger kann sich durchaus vorstellen, Humor als festen Bestandteil in den Klinikalltag zu integrieren: «Im Gesundheitswesen muss eine Kultur geschaffen werden, in der Humor als Quelle des Wohlbefindens erkannt und gefördert wird. Spontaner Humor wird vielerorts gelebt. Jetzt geht es darum, Humor bewusster wahrzunehmen und weiterzugeben.»

Laut Peter Hain könnte die Einrichtung von sogenannten Humorzimmern ein sinnvoller Anfang sein. Dort finden interessierte Patienten Scherzartikel, lustige Bücher oder Filme, die sie sich ausleihen können. Hain betont jedoch, dass es ganz wichtig sei, den richtigen Zeitpunkt für humorvolle Bemerkungen zu erkennen. «Menschen, die vor einer Operation stehen, haben oft Angst. Da können gut gemeinte, lustige Bemerkungen eine fatale Verstärkung der bestehenden Angst auslösen. Humor in Kliniken und Spitälern muss deshalb dem fachkundigen Personal überlassen werden.»

Wissenschaftlich geförderter Humor. Humor hat eine Adresse: Unter www.humor.ch findet man witzige Links zum Thema. Damit der Humor im Pflegebereich vermehrt Einzug hält, wurde die Gesellschaft Humor Care gegründet. Über diese Organisation soll die wissenschaftliche Anwendung von Humorin klinischen, psychosozialen, pädagogischen und beratenden Berufen gefördert werden.

Infos unter Humor Care, Stauffacherstrasse 149, 8004 Zürich; Spitalclowns werden vermittelt von der Theodora-Stiftung, Telefon 021/811 51 91.

«Patch Adams», der Film

«Patch Adams» ist die wahre Geschichte des gleichnamigen Arztes, der Humor als Medizin einsetzt: Mit Selbstmordgedanken liefert sich der 44-jährige Patch Adams (gespielt von Robin Williams) in eine psychiatrische Anstalt ein. Statt sich das Leben zu nehmen, verlässt Patch total motiviert die Klapsmühle und beginnt ein Medizinstudium. Doch den traditionellen Ärzten ist der überschwänglich glückliche Student ein Dorn im Auge. Denn welcher Arzt läuft schon freiwillig mit einer roten Pappnase durch die Klinik, besucht übelgelaunte Schwerkranke im Engelskostüm oder zieht sich auch mal die Pipi-Schüssel als Clown-Schuhe an? Patchs Theorie: «Jeder Patient kümmert sich um den anderen und wird so zum Arzt.» Der Erfolg gibt ihm schliesslich recht. Todkranke fassen Mut und lernen so viel eher mit ihrer schweren Krankheit umzugehen.




Die Infobörse deutscher Tageszeitungen


Donnerstag, 25. März 1999

"Patch Adams" - Tom Shadyacs ungewöhnliche Therapie.

Hamburg (dpa) - Mit einem verschmitzten Grinsen schleicht sich der Medizinstudent Patch Adams (Robin Williams) in die Kinder-Krebsstation des Krankenhauses.

Die kleinen Patienten reiben sich überrascht die Augen. Denn der Mann im weissen Kittelträgt eine rote Clownsnase und versucht verzweifelt, in den Bettpfannen unter seinen Füssen das Gleichgewicht zu halten. Mit der Tragikomödie "Patch Adams" schildert US-Filmregisseur Tom Shadyac ("Ace Ventura: Ein tierischer Detektiv", "Der verrückte Professor") die authentische Geschichte eines unorthodoxen Mediziners, der seine eigenen Vorstellungen von Kranken-Theraphie praktiziert: menschlich, mitfühlend, mutig.

"Den Namen Patch Adams habe ich zum ersten Mal 1995 gehört", sagt Tom Shadyac, "als Steve Oedekerk damit begann, das Drehbuch zu schreiben. Ich wollte jedoch, dass wir uns auf das Skript zu 'Der verrückte Professor' konzentrieren." Als ein Studio-Manager von Universal Tom Shadyac später das Drehbuch zu "Patch Adams" schickte, war er begeistert.

"Diese Geschichte hat mich zum Lachen und zum Weinen gebracht." Die Vorlage dazu lieferte der unkonventionelle amerikanische Arzt Hunter "Patch" Adams selbst. "Er hat ein Buch geschrieben und die Verfilmungsrechte verkauft, um mit diesem Geld sein 'Free-Fun-Hospital' zu finanzieren", berichtet der Regisseur. "Dieses Gesundheitsinstitut soll das erste kostenlose Krankenhaus der Geschichte werden, das den Patienten ähnlichen Spass bereitet wie Disneyland. Er hat Tausende von Ideen. Ein riesiges Ohr soll ihnen zum Beispiel den Weg ins Wartezimmer des Arztes weisen."

Mit Robin Williams fand Tom Shadyac die Idealbesetzung als Patch Adams. "Er war von Anfang an mein Wunschkandidat für diese Rolle", so Tom Shadyac, "weil ich wusste, dass er mir helfen kann, mich dem Drama anzunähern." Nach einem Selbstmordversuch lässt sich Adams zunächst in eine Psychiatrie einweisen. Dort stellt er fest, dass sich die Ärzte ausschliesslich für den medizinischen Zustand ihrer Patienten interessieren. Entsetzt verlässt er die Nervenklinik und beginnt an der Hochschule von Virginia Medizin zu studieren.

Seine Philosophie dabei lautet: Lachen ist die beste Medizin. Dafür ist ihm jedes Mittel recht. Um die Lebensfreude einer alten Dame wieder zu wecken, erfüllt er ihren Wunschtraum und steckt sie in einen Pool voller Nudeln. "Das hat er auch in Wirklichkeit getan", grinst Tom Shadyac, der den echten Patch Adams in der Vorbereitungsphase des Filmprojektes als Berater engagierte.

Die Chemie zwischen Robin Williams und Patch Adams stimmte dabei auf Anhieb. "Sie ähneln sich sogar in gewisser Weise, denn beide sind sehr witzig, energiegeladen und sprühen vor neuen Ideen." Robin Williams, der die krebskranken Kinder bei den Dreharbeiten ständig zum Lachen brachte, soll damit sogar möglicherweise zur Heilung beigetragen haben: "Diese Kinder sind tatsächlich an Krebs erkrankt. Zwei von ihnen sind inzwischen geheilt, was ihre Eltern auf diese wundervolle Erfahrung zurückführen. Die Arbeit mit Robin Williams hat ihnen sehr grossen Spass gemacht."

Obwohl Patch Adams die Lacher meistens auf seiner Seite hat, muss er jedoch auch viele herbe Enttäuschungen und Rückschläge einstecken. Tom Shadyac, dem mit Kino-Komödien wie "Ace Ventura: Ein tierischer Detektiv" oder "Der Dummschwätzer" der Durchbruch gelang, beweist nun mit "Patch Adams", dass er auch spielend die schmale Gratwanderung zwischen Tragik und Komik meistert. In den USA hat "Patch Adams" inzwischen über 130 Millionen Dollar eingespielt. Auch der echte Patch Adams hat damit beinahe sein Ziel erreicht. "Durch den Erfolg dieses Films hat er interessierte Sponsoren für seine Klinik gefunden", berichtet Shadyac.



Interview mit Robin Williams:

«Die Komiker stehen am Ende der Nahrungskette»

Robin Williams über seine Rolle als Krankenclown in «Patch Adams», seine Faszination fürs Internet und sein Image zwischen Dildomaniac und gutmütigem Eunuch.

Meist spielt Robin Williams Väter, Lehrer oder Ärzte - wie in seinem neusten Film, «Patch Adams». Doch im Interview mit CASH offenbarte er eine andere Seite, die des Dildomaniacs.

Marc Bodmer, New York

 

CASH: Arztrollen scheinen es Ihnen angetan zu haben. Auch in Ihrem neusten Film, «Patch Adams», tragen Sie wieder einen weissen Kittel. Haben Sie selber Angst, zum Doktor zu gehen?

Robin Williams: O ja, besonders wenn ich zum Proktologen (Darmspezialist, Anm. der Red.) gehe und er mir beide Hände auf den Rücken legt.

CASH: Wären Sie entspannter, wenn der Arzt mit einer roten Clownnase erscheinen würde?

Williams: Vielleicht, wenn es nicht gerade im Operationssaal ist. Auch schnüffelnde Anästhesisten (gibt schnarchende Geräusche von sich) sind nicht sonderlich beruhigend. Aber Studien über Humor und schlichten Körperkontakt haben gezeigt, dass entsprechende Massnahmen die Wirkung von Medikamenten verbessern.

CASH: Wird Humor, generell die Kunst, Leute zum Lachen zu bringen, zu wenig geschätzt? Sie gewannen Ihren Oscar für eine ernste Rolle in «Good Will Hunting» und nicht für einen Comedy-Part.

Williams: Viele Leute meinen, dass Comedy einfach sei, aber die grossen Komiker wie Buster Keaton und Chaplin waren echte Künstler. Man betrachtet die Narren einfach mit anderen Augen. Die Komiker findet man am Ende der Nahrungskette.

CASH: Aber es ist doch weit schwieriger, die Leute zum Lachen zu bringen, als sie beispielsweise zu erschrecken.

Williams: Es ist sehr schwierig und subjektiv. Wenn es funktioniert, dann weiss man es dafür augenblicklich. Aber es ist hart. Chaplin erhielt seinen ersten Oscar erst mit 83 Jahren.

CASH: Chaplin kombinierte Komik und Tragik. Das Gleiche pflegt auch Ihr filmisches Alter Ego, der Arzt Patch Adams, zu tun.

Williams: Chaplin folgte der englischen Musical-Tradition «Bring sie zum Lachen, bring sie zum Weinen». Adams wählt die Linie zwischen Komik und Tragik.

CASH: Zuerst glaubte ich, «Patch Adams» sei eine Komödie, aber nachdem ich den Film gesehen habe, würde ich ihn in ein ernsteres Genre einordnen.

Williams: Ich habe den Film noch nicht gesehen und komme mir vor wie Ray Charles im Louvre. Gewisse Szenen kenne ich: die mit den krebskranken Kindern, den Verlust der Partnerin… das sind alles Dinge, die Patch Adams widerfahren sind. Im wirklichen Leben war es ein Freund von Adams, der von einem psychisch Kranken umgebracht wurde. Anders war auch, dass sich der Täter anschliessend nicht selber erschoss, sondern vor Gericht ging, Unzurechnungsfähigkeit geltend machte und nach drei Jahren in der Anstalt wieder draussen war - so viel zum amerikanischen Justizsystem. Stimmt doch, O.J. Simpson?

CASH: Identifizieren Sie sich mit Ihrer Figur Patch Adams?

Williams: Ja, wir haben zwei Dinge gemein: Die Komikermasche und den Willen, die Dinge zu verbessern. Körperlich sind wir komplett verschieden. Er ist etwa 185 gross und schaut aus wie ein hagerer Sohn von Salvador Dalí.

CASH: Ich habe Mühe mit der Vorstellung, dass Patch Adams ein so artikulierter Mensch ist wie Sie.

Williams: Er ist sehr artikuliert und belesen. Er ist kein «Hohoho»-Clown, sondern einer, der mit lauter Anspielungen und Parodien arbeitet. Da ähneln wir uns schon sehr.

CASH: Ist er mit dem Film zufrieden?

Williams: Er sagte, dass er sich auf der Leinwand wieder erkannte, zum Glück. Wenn man jemanden spielt, hofft man seine Essenz zu erhaschen.

CASH: Sie spielten schon den Psychiater Dr. Oliver Sacks («Awakenings»). Gleichen sich Ihre Erfahrungen?

Williams: Sie waren ziemlich ähnlich. Oliver war jeden Tag auf dem Set und überwachte meine Darbietung. Es war ein ziemlicher Stress für beide. Wenn man tagein, tagaus das Spiegelbild von jemandem spielt, so kommt einmal der Punkt, wo man sagt (mit höflicher Gelehrtenstimme): «Verpiss dich!» Nicht gerade nett, ich weiss. Aber wir entschlossen uns für mehr Distanz, was schliesslich für beide eine Erleichterung war. Es ging weniger darum, jemanden zu imitieren. Ich fand schliesslich die Essenz und begann eine Persönlichkeit zu schaffen, die verkörperte, worum es Sacks eigentlich ging.

CASH: Läuft man als Clown nicht Gefahr, über die Patienten statt mit ihnen zu lachen?

Williams: Nein. Adams würde sicher nicht reinkommen und sagen: «Ihr habt nicht gerade viel Sport getrieben.» Nein. Er macht kleine Darbietungen. Es ist wie im Film. 90 Prozent der Kinder, die wir dort sehen, sind «Make a wish»-Kinder, die Chemotherapien hinter sich haben. Die erste Reaktion der Leute war: «Das könnt ihr nicht machen. Sie sind wirklich krank.» Für mich sind sie auf dem Weg zur Besserung. Es ist interessantes, aber trauriges Zeug. Man darf nicht davor zurückschrecken, auch wenn wir in den USA die Tendenz dazu haben.

CASH: Nicht nur dort.

Williams: Es ist eine menschliche Reaktion. Wenn jemand krank ist, hält man sich instinktiv fern. Christopher Reeve (der «Superman»-Darsteller ist seit einem Reitunfall querschnittgelähmt) erzählte mir, dass die Leute, die ihn besuchten, entweder herablassend waren oder im Mitleid versanken. Aber das hilft ihm nicht. Ich habe ihn wie früher behandelt. Das war es, was er brauchte. Wir lachten miteinander, hatten unseren Spass, und ich dachte nicht: «Oh, mein Gott, schau dir diesen armen Kerl an.»

CASH: Sie sind sehr engagiert und gehören auch der Starbright-Stiftung an.

Williams: Kennen Sie sie? Es ist ein Computerverbund von Kindern, die isoliert sind. Er wurde von Steven Spielberg vor Jahren ins Leben gerufen. Mit Hilfe von Highend-Technologie werden verschiedene Spitäler miteinander verbunden. Kinder können sich dann in der «Starbright World», einer fantastischen Umgebung, treffen. Sie kommunizieren miteinander durch eine virtuelle Kreatur - oder über ein ISDN-TV-Gerät mit «Ich seh dich, du siehst mich»-Technologie. Sie können so das Spital verlassen und einander helfen. Ein Arzt könnte das nicht. Das ist einer der positiven Aspekte des Internets.

CASH: Sie selber sind ein Internet-Fan.

Williams: Ich bin vom WWW völlig fasziniert. Es gibt gute und schlechte Seiten. Das Seltsame beim Web ist die Anonymität. Man hat das Gefühl, dass man mit der 25-jährigen bisexuellen Eileen spricht, aber in der Tat ist es Earl aus Iowa. Aber das Angebot und die Zugangsmöglichkeiten sind überwältigend. Es ist das Einzige, was nicht von den Regierungen und der Wirtschaft kontrolliert werden kann. Sie versuchen es zwar, aber das Net ist ihnen immer einen Schritt voraus.

CASH: In letzter Zeit wurden Sie in der Filmfachpresse als «der gutmütige Eunuch» bezeichnet. Wie stehen Sie dazu?

Williams: Lassen Sie mich mal sehen (greift in die Hose). Es ist noch alles da. Diese Einschätzung kommt wohl daher, dass meine Filme nicht vordergründig sexuell sind. Auf der Bühne sieht das ganz anders aus, dort kommt meine sexuelle Urgewalt zum Ausbruch. Es wurde mir vorgeworfen, dass ich nur vom Sex fasziniert sei, ein Dildomaniac wäre.

CASH: Warum haben wir diese Kraft noch nie in einem Film gesehen?

Williams: Mir wurde bis jetzt keine solche Rolle angeboten. Aber kaum betrete ich die Bühne, geht es los (kneift sich in die Brustwarzen und zischt ekstatisch): Yesss, yesss ... Da starte ich echt durch, und das Publikum fragt sich, ob sie mir nicht ein feuchtes Tuch bringen sollen. Es braucht die richtige Figur, um die Energie reinzustecken.

CASH: Sie haben nur einmal einen Bösewicht gespielt…

Williams: Ja, in «Secret Agent».

CASH: Gefiel Ihnen die Rolle?

Williams: Ich fand sie grossartig.

CASH: Möchten Sie nicht wieder mal einen bösen Buben spielen?

Williams: Aber sicher. Doch ich werde die Figur wohl selber entwickeln müssen, denn sie wird mir kaum angeboten, weil sie mich für einen gutmütigen Eunuchen halten. (Inszeniert einen Dialog:) «Warum spielt er einen Pigmäen-Vergewaltiger?» - «Halt doch die Klappe.» Vielleicht werde ich einmal einen Serienmörder spielen, einen süssen Serienmörder, der Zuckerstaub auf seine Opfer streut. Wenn «Secret Agent» mehr Geld eingespielt hätte, sähe die Situation sicher anders aus.

CASH: Möchten Sie nicht etwas mit Ihrer Faszination fürs Internet kombinieren?

Williams: Das wäre interessant. Ich gab einem Freund einmal die Idee von einem Computervampir weiter: das Byte mit Biss.

CASH: Sie kommen gleich mit zwei Filmen binnen dreier Monate auf den Markt. Haben Sie keine Angst davor, dass man zu viel von Ihnen zu sehen bekommt?

Williams: Als gutmütiger Eunuch kann ich eigentlich nicht öffentlich Anstoss erregen, wenn ich mich übermässig exponiere. Eigentlich hätten wir noch einen weiteren Film, «Jacob, the Liar», den das Studio rausbringen wollte, aber ich sagte ihnen, dass sie das nicht machen können. Dann wären wir so weit, dass für Filme ohne mich geworben würde: «Jetzt ein Film ohne Robin Williams!» Den Studios ist es Wurst. Sie werfen die Filme, wenns sein muss, auch im Wochenrhythmus auf den Markt. Mit so vielen neuen Filmen ist es wie bei einem Wrestling-Match (in der marktschreierischen TV-Ansager-Stimme): «Jetzt kommt 'Prince of Egypt'! Wer wird überleben: der Clown oder Moses?! Verpassen Sie keinesfalls den unglaublichen Kampf zwischen dem König der Juden und dem bürgerlichen Komiker!»

Vom «Mork of Ork» zum Oscargewinner.

Robin Williams wurde am 21. Juli 1952 in Chicago, Illinois, als Einzelkind von Robert und Laurie Williams geboren. Er brachte seine Kindheit oft allein zu und erfand für sich imaginäre Spielgefährten. Er studierte kurze Zeit Politikwissenschaften, bevor er zusammen mit Christopher Reeve an die New Yorker Juillard-Schauspielschule ging. Mit Stand-up-comedy-Auftritten verdiente er sich sein Geld und sammelte viel Erfahrung. Nach dem Juillard-Abschluss landete er in der Rolle des «Mork vom Ork» in der gleichnamigen TV-Serie. Der Monty-Python-Fan machte Hollywood-Karriere mit Filmen wie «Good Morning, Vietnam» (1987), «Dead Poets Society» (1989) - beide eben auf DVD erschienen - und «Mrs. Doubtfire» (1993). Für seine ernste Rolle in «Good Will Hunting» (1997) erhielt das komische Ausnahmetalent einen Oscar. Auf eine einsame Insel würde er Stanley Kubricks «Dr. Strangelove» mitnehmen, «weil es der witzigste und düsterste Film ist».



Von Magali Nieradka, dpa

"Lachen ist die beste Medizin":
Film-Premiere mit "echtem" Patch Adams.

Karlsruhe (dpa/lsw) - Das Motto von Hunter "Patch" Adams ist einfach: "Wenn man eine Krankheit behandelt, gewinnt man immer - egal, wie die Therapie aussieht." Ein neuer Film aus Hollywood mit Robin Williams in der Titelrolle erzählt das Leben des Doktors Adams, der die Methode vertritt, Lachen sei die beste Medizin. Zu der Deutschlandpremiere des Films kam der "echte" Patch Adams nach Karlsruhe. Dieser einzige Auftritt des amerikanischen Heilers in Deutschland wurde vom Förderkreis für Ganzheitsmedizin in Bad Herrenalb organisiert.

Die Leinwandstory basiert auf biographischen Angaben des unkonventionellen Arztes. Nach einem Selbsmordversuch lässt sich Patch in eine Nervenheilanstalt einweisen. Von der Gleichgültigkeit der Behandelnden enttäuscht, beschliesst er, selbst Medizin zu studieren. Er will das Leben der Patienten etwas verschönern. aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und seines ungewöhnlichen Verhaltens eckt der Student sowohl bei Kommolitonen als auch bei den Dozenten an. Wegen "exzessiven Glücklichseins" soll er sogar exmatrikuliert werden.

Patch Adams lässt sich aber nicht von gestandenen Medizinern und Professoren von seiner Idee abbringen. Krebskranke Kinder werden mit roten Einlaufkolben-Nasen und Bettpfannen-Pantoffeln amüsiert, ein todkranker Miesepeter mit Engelskostüm aus seinem Sarkasmus befreit und einer alten Dame wird in einem Swimming-Pool voller Nudeln ein langgehegter Kindheitstraum erfüllt. Zusammen mit einigen Mitstudenten baut er ein Gesundheitszentrum auf, das nicht wie eine herkömmliche Klinik ist, sondern das man sich vielmehr als Begegnungstätte vorzustellen hat. "Jeder, der hierher kommt, ist Patient und Arzt zugleich", erklärt Patch Adams sein Konzept. "Jeder wird behandelt und behandelt die anderen, zum Beispiel, indem er ihnen zuhört."

Rund 15000 Menschen hat Patch Adams mit seiner Einrichtung seit den siebziger Jahren geholfen. "Ich gebe ihnen mein Leben, meine Freundschaft", sagt der "echte" Patch Adams bei der Premiere. Natürlich sei der Film eine Kindergarten-Version im Vergleich zu dem, was er wirklich mache. Aber damit erreiche man viele, und das sei sehr wichtig, meinte der Mediziner. "Drei Dinge sind wichtig, wenn man Menschen helfen will: Mitgefühl, Grosszügigkeit und Spass. Diese drei Eigenschafetn vereinigt Robin Williams in sich. Deshalb ist er die Idealbesetzung.

In dem Streifen läuft der Hollywoodmime wieder zu Höchstform auf. Er schafft es, dass man den Film mit einem lachenden und einem weinenden Auge anschaut. Der Film knüpft an seine grossen Erfolge wie "Club der toten Dichter", wo er einen Lehrer verkörpert, "Good Morning, Vietnam", in dem er das Leben von Soldaten während des Vietnamkriegs verbessern will, und "Zeit des Erwachens", wo er ebenfalls einen menschlichen Arzt spielt, an.

Die Premierenfeier, zu der Patch Adams und ein Grossteil der Besucher im Clownskostüm kamen, war eine Benefizveranstaltung. Den Reinerlös erhält der besondere Mediziner für den Bau seiner Hospitals, das "Gesundheit! Institute". Und was sind die wichtigsten Behandlungsmethoden, mit denen er seinen Patienten hilft?" "ein Zwinkern mit den Augen, die Breitschaft, jemanden freundschaftlich aufzunehmen und ein Lächeln für ihn", meint Adams.